Verkehrssicherheit der Baumart Esche – sind vorsorgliche Fällungen notwendig?

Die Esche ist eine wichtige Laubbaumart, die in Europa weit verbreitet ist. Sie bevorzugt frische bis feuchte Standorte im Halbschatten, kommt aber auch auf trockenen Kalkstandorten vor. Dies zeugt von einem enormen Anpassungspotential und hoher Standorttoleranz dieser Baumart. Seit etwa 2005 wurden in Österreich erste Krankheitssymptome des Eschentriebsterbens beobachtet und mit dem Auftreten eines Schlauchpilzes kausal in Zusammenhang gebracht.

http://www.stadtbaum.at/index.php/eschentriebsterben

Hat man zu Beginn der Krankheit von einem „Triebsterben“ gesprochen, weiß man heute, dass das Eschentriebsterben sich zu einem Eschensterben gewandelt hat. Der eingeschleppte Schlauchpilz Hymenoscyphus fraxineus infiziert mittels Sporen die Eschenblätter, wächst in Triebe und Zweige ein und bewirkt dort das Absterben der Rinde und des Holzes. Was mit einem vorzeitigen Blattfall und Welke beginnt, führt letztlich zum Absterben ganzer Äste, Kronenteile und des gesamten Baumes.

https://bfw.ac.at/rz/bfwcms.web?dok=10226

Diese Entwicklung wird durch das Hinzukommen weiterer biotischer Faktoren, wie z.B. Hallimasch und Eschenbastkäfer verschärft.

http://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/schaden/pilze_nematoden/bfw_eschenkrankheit_noe/index_DE

Vorsorgliche Fällung und Betretungsverbot

Besonders in Niederösterreich wird derzeit die rigorose Fällung von Eschen entlang von Straßen und Wegen aus „Sicherheitsgründen“ heftig diskutiert. Auslöser dafür ist die Beobachtung einiger Forstexperten, dass „Eschen ohne Vorwarnung und auch bei Windstille umkippen, weil der Pilz ihre Wurzeln absterben lässt“. (siehe Artikel im Kurier vom 10.04.2017 (Chronik S 17)

Dass große Waldgebiete nicht in wenigen Tagen hinsichtlich Verkehrssicherheit überprüft werden können, scheint logisch, weshalb aus Sicht der Waldbesitzer eine befristete Sperre auch Sinn macht.

Die Behauptung, dass „Eschen ohne Vorwarnung auch bei Windstille umkippen“, kann jedoch nicht unkommentiert bleiben. Richtig ist, dass die „Warnsignale“ nicht immer für jedermann leicht erkennbar sind. Wenn Bäume „ohne Warnsignale“ plötzlich umfallen, hat dies jedenfalls andere Ursachen, die mit dem Eschen(trieb)sterben und dem Auftreten einer Wurzelfäule nichts zu tun haben. Im städtischen Bereich sind dies meist Grabungsarbeiten im Wurzelbereich, die zu Wurzelabrissen geführt haben. Im Wald können Wurzelschäden bei der Neuerrichtung von Forststraßen zu derartigen Schäden führen.  In seltenen Fällen kann auch ein mit Wasser übersättigter Boden dazu beitragen, dass die Haltekraft der Wurzeln reduziert wird und auch gesunde (meist besonders gut belaubte) Bäume plötzlich ohne Anzeichen umkippen. Daraus ergibt sich aber keine Haftung für den Baum/Waldbesitzer.

Ein mit holzzerstörenden Pilzen befallenes Wurzelsystem führt bei fortschreitender Holzzerstörung in jedem Fall zu Symptomen in der Baumkrone. Je nach Pilzart kommt es zu einer Kronenverlichtung, Kleinblättrigkeit, Einziehen der Baumkrone, Hebung des Wurzeltellers an der vom Wind zugewandten Seite, Nekrosen am Stammfuß und vieles mehr. Diese Schadensymptome müssen bei einer Baumkontrolle vom Fachmann erkannt werden und richtig beurteilt werden.
An Eschen, die ein erhöhtes Risiko hinsichtlich ihrer Verkehrssicherheit aufweisen,  ist zumindest das „deutliche Einziehen“ der Krone (Selbstschutz des Baumes, verringert das Windsegel) erkennbar.

Die vorsorgliche Fällung aller Eschen, auch der gesunden, ist nicht nur nicht notwendig, sondern verringert auch die Chancen der Ausbildung einer natürlichen Resistenz, die für die Erhaltung der Baumart Esche so wichtig wäre.


Abbildung: Typisches „Einziehen“ der Baumkrone infolge einer Wurzelfäule